Schlagwörter

, , ,

Natürlich hatte ich mir vorgenommen, mich auf die heutige Ausgabe #80 der Weinrallye ausgiebig vorzubereiten. Das Thema ist „Herbstbilanz“. Da hätte ich viel Schlaues recherchieren und Insider fragen können, ’ne schöne aktuelle Story halt. Habe ich aber nicht getan.

Stattdessen sinniere ich Persönliches mit Bezug zu Wein. Wer das nicht mag, kann aufhören zu lesen und sich von Aldi einen Billigschoppen für 1,49 reinpfeifen.

verschneite Weinberge

Ich bin in einem Weinort aufgewachsen: Da war ich etwas Besonderes (böse könnte man behaupten „Außenseiter“), denn meine Familie besaß keinen Weinberg. Ein Luxus, konnte ich doch mit dem Fahrrad in die Weinberge kurven und allen beim Lesen zu schauen. Wenn ich Lust hatte, zwickte ich einige Trauben mit ab.

Jetzt gehört meine Heimat nicht zu den Spitzenregionen. Tauberfranken kann einen vernünftigen Silvaner, und wenn das Jahr es gut meint und ein ambitionierter Kellermeister sich austobt, gibt es immer wieder auch rote Perlen, die ich bei Heimatbesuchen einsammle. Die Wetterabhängigkeit ist groß in meinem Heimattal, das Weingärtnerjahr eine Achterbahn. Schöne Blüte: Juhuu! Später Frost: Ach, du Schande. Sonniger Herbst: Super! Essigfäule: Scheiße.

Weinflaschen im KühlschrankDann ist irgendwann die Lese im Keller, das Orakeln um die Weinqualität verstummt langsam (im Übrigens wird es fast immer ein Jahrhundertwein…) und alle freuen sich auf die ersten Weinproben im Folgejahr: Endlich wissen, was wirklich ist.

Noch heute verfolge die Entwicklung über das Jahr und leide sofort mit, wenn zum Beispiel Torsten zur Hilfe bei einer Notlese ruft.  Mit Spannung und regelmäßiger Verwunderung genieße ich, welche Unterschiede das Klima bringt. Bei der Weinrallye zu Rosé hatte ich darüber berichtet.

In meinem Garten am Rhein habe ich selbst zwei Rebstöcke. Habe ich übernommen, es ist aufgrund der Feuchtigkeit eine denkbar ungünstige Lage. Die beiden Stöcke hingen Ende Juli richtig voll: der tropische Kölner Sommer (immer heiß, am Abend Wolkenbrüche) machte richtig Dampf. Dann nur noch Regen: innerhalb einer Woche verlor ich 70 Prozent der Trauben an die Fäulnis, bevor sie süß genug für die Obstschale waren.

Wein von der FremdenlegionUmso schöner, wenn man den Herbst mit Wein genießen kann. Ein Sinnbild dafür sind für mich die Weine der Französischen Fremdenlegion aus dem provencalischen Aubagne. Bei einer Reise in die Provence habe ich sie einmal selbst entdeckt und schätzen gelernt. Herbst – meine Lieblingszeit in der Provence. Ein Rot- oder Rosé von dort bringt mir das Gefühl nach Hause. Die Weine der Fremdenlegion sind mittlerweile über einen eigenen Online Shop erhältlich. Ein Bekannter bedenkt mich regelmäßig zum Jahresende mit einer Flasche. Die Trauben stammen ürbrigens vom Weinberg des Invalidenheims. Und auch das ist ein Sinnbild dafür, wie nah Glück und Schmerz im Herbst des Weines zusammenliegen. A la vôtre!